Verschlüsselung mit Hilfe der Gesetze der Quantenmechanik ist in der Theorie vollkommen sicher, in der Praxis aber können fehlerhafte Geräte Lücken reißen. Chinesische Forscher haben dieses Problem jetzt gelöst ? zum Teil.
Quantenkryptografie ist eine Methode zur Übertragung von Informationen von einem Punkt zu einem anderen, ohne dass diese unterwegs mitgehört werden können. Sie ist nachweisbar vollkommen sicher, garantiert von den Gesetzen der Physik. Auf gewisse Weise bewahrt sogar das Universums selbst damit seine Geheimnisse.
Das Problem dabei: Die Gesetze der Physik gewährleisten zwar perfekte Sicherheit, doch die Gerätschaften, die dafür eingesetzt werden, können fehlerhaft sein. So senden Laser, die nacheinander nur einzelne Photonen aussenden sollten, manchmal unerwartet mehrere, so dass geheime Informationen eben doch abgefangen werden können.
In der Praxis hat die Quantenkryptografie noch Mängel
Diese Schwächen wurden von Hackern bereits ausgenutzt, um Systeme für Quantenkryptografie zu knacken. Die besorgniserregende Wahrheit ist, dass Quantenkryptografie sich bislang als nicht so sicher erweist, wie theoretische Physiker einst versprochen haben.
Bald nach dem ersten Quanten-Hack dachten sich Physiker jedoch ein neues Quantenprotokoll für die Verschlüsselung von Informationen aus, das unabhängig von einem konkreten Gerät funktioniert. Der Trick dabei ist, zur Täuschung zusätzliche Quantenzustände zu verwenden. Auf diese Weise macht es die so genannte geräteunabhängige Quantenkryptografie wieder möglich, Informationen sicher zu verschicken.
Unterschiedliche Teams haben mit diesem Verfahren gearbeitet und gezeigt, dass es funktioniert. Doch auch hier gibt es ein Problem: Es ist langsam ? schneckenmäßig, quälend langsam. Bei der bislang besten Demonstration wurden Informationen über eine Distanz von 200 Kilometern mit einer Datenrate von nur 0,018 Bits pro Sekunde gesendet. Bei diesem Tempo könnte perfekt sichere Quantenkryptografie niemals in der Praxis genutzt werden.
Geräteunabhängige Quantenkryptografie – teilweise
Mit der Arbeit von Hua-Lei Yin an der University of Science and Technology of China und einigen Kollegen hat sich das jetzt geändert: Die Forscher stellen eine Form der geräteunabhängigen Quantenkryptografie vor, die alle bisherigen Rekorde bricht.
Die Sicherheit von Quantenkryptografie beruht auf der Fähigkeit, einen Einmal-Schlüssel zu übertragen, der dann für den sicheren Versand einer Nachricht verwendet wird. Für so genannte One-Time-Pads wurde gezeigt, dass sie absolut sicher sind, wenn der Schlüssel wirklich nur einmal verwendet wird. Damit lässt sich das Problem darauf reduzieren, diesen Schlüssel mit Quantenmethoden zu verschicken, was als Quantenschlüsselaustausch bezeichnet wird.
Hua-Lei und Kollegen haben jetzt einen Schlüssel über mehr als 100 Kilometer mit Datenraten verschickt, die in Kilobits pro Sekunde zu messen sind; bei niedrigerem Tempo kamen sie sogar auf Entfernungen von 400 Kilometern. “Dies ist die bei weitem größte Distanz, über die bislang für alle Arten von Systemen für den Quantenschlüsselaustausch berichtet wurde”, schreiben die Forscher.
Photonen-Detektor ist kein Knackpunkt
Ihre Methode der Quantenkryptografie dafür hängt nicht von der Art und Weise ab, wie die Photonen detektiert werden. Also können Hacker sie auch dadurch nicht aushebeln, dass sie den Photonen-Detektor knacken. Dies macht die Arbeit zu einem wichtigen Fortschritt mit dem Potenzial, den Glauben an die Quantenkryptografie zumindest teilweise wiederherzustellen.
Es gibt jedoch einige Einschränkungen. Erstens ist die Methode nur teilweise geräteunabhängig. Perfektioniert haben die Forscher um Hua-Lei die Unabhängigkeit von einem Photonen-Detektor; sie nennen das messungsunabhängige Quantenkryptografie. Noch immer aber könnte der Sender gehackt werden.
Physiker sagen dazu allerdings, Sender ließen sich vor der Übertragung in einem sicheren Labor testen, um sicherzustellen, dass sie nicht manipuliert sind. Zumindest vorläufig könnte in messungsunabhängiger Quantenkryptografie also der beste Kompromiss liegen.
Problem liegt in Quantensendern und -empfängern
Ein weiteres Problem ist jedoch deutlich gravierender: die Angst, dass die Hersteller von Quantensendern und -empfängern in ihre Geräte Quantenspeicher einbauen könnten, die Informationen vor einer Übertragung speichern und später an einen Mithörer verraten. Diese Art von trojanischem Hack zu entdecken, wäre kaum möglich, ohne das jeweilige Gerät zu zerstören.
Auch mit dem Konzept des chinesischen Teams lässt sich dieses Problem nicht lösen. Die einzige Möglichkeit dazu bestünde wohl in der nur einmaligen Verwendung von Quantensendern und -empfängern. Doch diese Option ist so teuer und unpraktisch, dass sie sich nie durchsetzen dürfte.
Einstweilen muss man sich also mit messungsunabhängiger Quantenkryptografie begnügen, um sichere Nachrichten zu versenden. Immerhin verspricht sie (beinahe) perfekte Sicherheit auf Grundlage der Gesetze der Physik. Für viele dürfte das durchaus ausreichen.
(TR Online)